wien bei nacht
ich hab heut nacht geträumt - ich lauf als elefant - durch wien in einer herde
ich hab mich aufgebäumt - das sagen meine wunden
vom eisenring verschwunden - die haut um meinen hals
sie treiben uns durch wien von der rossauer lände
wir wissen nicht wohin bergauf zum schottentor
das sagen unsre wärter auch die in ihren kitteln
den alten nazibraunen - und ihrer wut zum staunen
und ich - ich dreh mich um - und gehe ganz allein
zurück - fragt nicht warum - bergab und sehe nun millionen autos kommen
und es gibt einen stau ich dräng mich langsam durch
das schimpfen einer frau - im jeep das macht mir angst
und da ist schon das tor - der ziegelbaukaserne
ich höre noch von ferne - wie du in meiner herde - geliebte - um mich bangst
ich stehe vor dem tor - der ziegelbaukaserne
in die ich sogar gerne hineingegangen wäre
aus furcht und not und scham und rettung meiner ehre - so wars als es begann
die ziegelbaukaserne - an der rossauer lände - für meinen weg am ende
die tore sind versperrt - ich hör von fern verzerrt
das einsame konzert - trompeten meine herde
ich stehe vor dem tor - geschlossen kommen wärter
und lassen mich zur erde - hinunter - langsam - knien
so hast du mich gefunden - geliebte - mir verbunden
heut nacht - nach vielen stunden
um vier uhr fünf und vierzig
heut nacht - heut nacht - in wien
© jmm 2017